2022 sind im Rahmen des Minsk Forums XX zwei Tageskonferenzen in Litauen und Polen, ein Runder Tisch mit Parlamentariern in Belgien und eine Tagung in Deutschland organisiert worden. Die Abschlussveranstaltung des Minsk Forums 2022 fand in den Räumlichkeiten der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin statt. Die gesamte Veranstaltung wurde aufgezeichnet und ist auf dem YouTube-Kanal der deutsch-belarussischen gesellschaft verfügbar.
Die Tagung wurde von der Generalsekretärin der Friedrich-Ebert-Stiftung Dr. Sabine Fandrych und der Vorstandsvorsitzenden der deutsch-belarussischen gesellschaft e.V. Dr. Hanna Stähle eröffnet. Ihre Grußworte richteten an die Anwesenden außerdem Tobias Lindner, Staatsminister bei der Bundesministerin des Auswärtigen, und Valery Kavaleuski, Vertreter für Außenpolitik im Übergangskabinett von Sviatlana Tsikhanouskaya.
Staatsminister Tobias Lindner betonte, dass obwohl das Lukaschenka-Regime an dem Angriffskrieg gegen die Ukraine beteiligt ist, man in Deutschland sehr wohl zwischen Belarus und Russland unterscheidet, und deshalb auch in Zukunft die Sanktionen gegen diese beiden Länder dementsprechend unterschiedlich gestalten wird.
Valery Kavaleuski merkte an, dass die EU die belarusische Zivilgesellschaft aktiv unterstützt und Sanktionen gegen das Lukaschenka-Regime einführt, jedoch nicht genug dafür tut, den Einfluss Russlands in Belarus zu reduzieren. Nach den Eröffnungsreden beantworteten die Politiker einige Fragen aus dem Publikum, darunter Fragen zum plötzlichen Tod des belarusischen Außenministers Uladzimir Makei und dazu, was die von der EU erklärte Nichtanerkennung der Legitimität Lukaschenkas praktisch bedeutet.
Podiumsdiskussion I, Politik:
Deutschland und Europa auf der Seite von Belarus. Eine Roadmap für die weitere Unterstützung der demokratischen Bewegung
An der Diskussion nahmen teil: Mitglieder des Deutschen Bundestages Knut Abraham (CDU) und Nils Schmid (SPD). Die Diskussion wurde von Katsiaryna Kryzhanouskaya (Deutsche Welle, Belarus-Redaktion) moderiert. Das Treffen verlief eher im Format eines Gesprächs denn einer Diskussion, da die beiden Bundestagsabgeordneten weniger gegensätzliche Positionen vertraten, sondern vielmehr einander ergänzten.
Die Moderatorin der Diskussion, Katsiaryna Kryzhanouskaya, formulierte ihre Fragen mit journalistischem Geschick, ohne dabei ihr Interesse an einer umfassenden Unterstützung für das demokratische Belarus zu verbergen. Am meisten wurde über die Rolle der belarusischen demokratischen Kräfte beim Erreichen positiver Veränderungen im Land gesprochen.
So betonte Nils Schmid, dass sowohl er als auch seine Kollegen und Kolleginnen durchaus verstehen, dass die belarusische Opposition momentan sehr wenig im Inland bewirken kann, und dass sie deshalb umso tätiger im Exil werden soll. Er sagte außerdem, dass es wichtig ist, über die Zeit das Gefühl dafür nicht abhanden kommen zu lassen, dass eine Machtübergabe in Belarus möglich ist. Als Inspiration nannte er das Beispiel der polnischen Bewegung Solidarnosc und fügte hinzu: „Zwei Jahre des Kampfes hat Belarus nun bereits hinter sich. Dieser Kampf ist nicht vergeblich!“
Knut Abraham merkte an, dass er häufig von verschiedenen Gruppen innerhalb der Oppositionsbewegung hört, die miteinander im Konflikt liegen, was seiner Meinung nach aktuell kontraproduktiv ist. Die vorhandenen Ressourcen der Opposition sollten dafür genutzt werden, die verschiedenen Bevölkerungsgruppen in Belarus zu erreichen – dies in erster Linie auf dem medialen Weg –, statt für gegenseitige Vorwürfe und Forderungen. Außerdem sieht er eine der wichtigsten Aufgaben der Opposition darin, eine sichtbare Besuchsdiplomatie aufzubauen, das heißt maximale Präsenz im politischen Raum mit all seinen Treffen, Empfängen, Konferenzen etc. zu zeigen.
Katsiaryna Kryzhanouskaya teilte ihre persönliche Meinung darüber mit, dass die meisten Menschen in Deutschland nichts über die Massenrepressionen wissen, die in Belarus nach wie vor stattfinden, und fragte, was getan werden könnte, damit die deutschen Medien das Thema Belarus wieder aufgreifen.
Knut Abrahams Antwort ließ keine Illusionen aufkommen. Der Politiker erinnerte daran, dass die Medien ständig von einem Thema zum anderen wechseln und man in einer Demokratie diesen Prozess nicht kontrollieren kann und sollte: „Das kann für Menschen aus Belarus sicherlich schmerzhaft sein, aber die Medien funktionieren nun mal so“.
Nils Schmid räumte mit einer weiteren falschen Hoffnung auf, und zwar, dass bald eine Freilassung politischer Gefangener im Austausch gegen manche Vergünstigungen für Lukaschenka erreicht werden könnte: „Die politischen Gefangenen in Belarus sind im Moment kein Gegenstand der Verhandlungen. Wir können keinen Dialog mit Lukaschenka aufgrund seiner Unterstützung für Russland im Krieg führen“.
Podiumsdiskussion II
Wirtschaft: aktuelle wirtschaftliche Lage in Belarus, Einfluss von Sanktionen, Entwicklungsperspektiven
Die Podiumsteilnehmer waren: Yuliya Miadzvetskaya (Doktorandin an der Universität Tübingen), Leu Lvouski (wissenschaftlicher Mitarbeiter bei BEROC), Sierz Naurodski (Ländermanager für baltische Saaten bei АBBA), Robert Kirchner (stellvertretender Leiter des German Economic Team). Die Diskussion wurde von Stefan Kägebein (Regionaldirektor Osteuropa im Ostausschuss der deutschen Wirtschaft e.V.) moderiert.
Ohne weitere Umschweife erklärte Robert Kirchner, dass die wirtschaftliche Situation in Belarus sehr schlecht ist: Das BIP sank auf 4,7 % und damit auf das Niveau der krisenhaften 90er Jahre. Nur noch zwei Wirtschaftssektoren würden positive Dynamik zeigen – die Landwirtschaft, wo die Situation von der Ernte abhängt, die sich nicht kontrollieren lässt, und der IT-Sektor, der ungeachtet des Wachstums trotzdem stagniert und dessen Wachstumskennzahlen stark gesunken sind.
Kirchners Prognosen sind ebenfalls unerfreulich: Er sagt eine noch größere Stagnation in allen Bereichen voraus. Das Einfrieren der Preise, eingeführt von Lukaschenka, werde sicherlich kurzfristige positive Effekte zeigen, jedoch könne das keine tragfähige langfristige Lösung sein: Die Supermarktregale leeren sich und Exporte steigen nur in eine Richtung – nach Russland. Was die Wechselkurse betrifft, so ist die Situation hier nach Kirchners Meinung relativ stabil, und die Lage mit den Mikrofinanzen lässt vor dem Hintergrund der Gesamtsituation noch am ehesten hoffen.
Leu Lvouski findet, dass Belarus im Jahr 2021 eine Art Wunder im Bereich des Auslandshandels erlebte, da die Sanktionen aus irgendeinem Grund nicht griffen und eine positive Handelsbilanz in der Folge zu verzeichnen war. Erst 2022 begannen die Sanktion endlich ihre faktische Wirkung zu zeigen. Was die qualitativen Trends in der belarusischen Wirtschaft betrifft, so wurden von Lvouski folgende genannt:
Der Staat versucht, Ministeuern einzuführen und zu erhöhen, zum Beispiel für Pilzesammeln, für Datensammeln, fürs Überqueren der Staatsgrenze usw. Dabei findet keine Erhöhung großer Steuern statt – dies versucht Lukaschenka zu vermeiden, wie er nur kann.
Belarus büßt allmählich den Status eines IT-Standorts ein. Dieser Sektor war zwar im Vergleich zu den anderen Wirtschaftssektoren relativ klein, wuchs aber kontinuierlich und zog neue Fachkräfte an, was für die Zukunft hoffen ließ. Im vergangenen Jahr verließen etwa 11 000 IT-Spezialisten das Land, was etwa 7-10 % aller Beschäftigten in diesem Bereich ausmacht.
Die Wirtschaftspolitik ist von Instabilität gekennzeichnet: Die Bevölkerung hat keine positiven Zukunftserwartungen, kauft weniger Waren. Die Geschäftsleute sind skeptisch eingestellt, sie beobachten nicht nur eine hohe Inflation, sondern haben auch kein Vertrauen in die Zukunft, da die Spielregeln sich ständig ändern und es unklar ist, welche Regelungen schon morgen von der Nationalbank, den Kreditbanken und anderen großen Finanzdienstleistern aufgestellt werden.
Die Erdölbranche, in der es bereits im April und Mai stark kriselte, hat sich ein wenig erholt, was wahrscheinlich mit der Unterstützung Russlands zusammenhängt. Kalium wird nur noch nach China verkauft. Gleichzeitig zeigte eine Umfrage – und das ist für Lvouski ein absolut überraschendes Ergebnis –, dass Menschen ihre Situation in der aktuellen wirtschaftlichen Lage als relativ gut einschätzen, da sie einen kompletten Einbruch erwartet hatten, der aber nur zum Teil eintrat.
Der Staat verschweigt unheimlich viel. Wir wissen nicht mal, wie der Staatshaushalt im Moment aussieht, da die Nationalbank ihre Berichte nicht mehr veröffentlicht. Im Großen und Ganzen bemüht sich der Staat darum, positive Nachrichten zu generieren und die Bürger davon zu überzeugen, dass die Lage nicht nur stabil bleibt, sondern sogar besser wird.
Yuliya Miadzvetskaya berichtete im Detail über die wirtschaftlichen Sanktionen gegen Belarus und sprach sogar von einer „Mini-Revolution der Sanktionen“: Die Kriterien für die Eintragung in die Sanktionsliste wurden vor Kurzem erneuert. Die EU trage jetzt endlich diejenigen in diese Listen ein, die Russlands Aggression und den Einsatz von Migranten als hybride Waffe unterstützt.
Obwohl Miadzvetskaya die positiven Auswirkungen der Sanktionen durchaus feststellt, durch die wirtschaftlicher Druck auf das Regime ausgeübt wird, findet sie gleichzeitig, dass die EU noch viel mehr dafür wird tun müssen, die Sanktionen nachzujustieren, damit sie nicht die einfachen belarusischen Bürger treffen, die dann als Erste darunter leiden, sondern jene, die das autoritäre Regime unterstützen und mit ihm enge Geschäftsbeziehungen unterhalten. Auch sollten Sanktionen gegen Belarus und Russland unterschiedlich gestaltet werden, da viele von ihnen im Moment einfach doppelt verhängt werden.
Sierz Naurodski unterstützte die Idee von Miadzvetskaya über die nötige Nachjustierung der Sanktionen und führte hier das Beispiel ausländischer Banken an, welche Belarusischen Staatsangehörigen nur sehr ungern Konten eröffnen. Damit demonstrieren die Banken, so Naurodski, dass sie keinen Unterschied machen zwischen denjenigen, die der autoritären Regierung treu sind, und politischen Dissidenten, die gezwungen sind, ein neues Leben im Exil von Grund auf aufzubauen.
Eine weitere Facette der wirtschaftlichen Krise in Belarus ist die Energie. „Belarus leidet unter der Energiekrise. Noch verfügt der Staat über Erdöl und Gas, damit Menschen ihre Wohnungen beheizen können, doch die Lage ist nicht unproblematisch“ – sagte Naurodski, denn die Ukraine kauft kein Erdöl mehr von Russland, kauft es aber von Belarus. Belarus wiederum kauft das Erdöl von Russland und verkauft es weiter an die Ukraine. Nach dem Krieg wird die Ukraine, so prognostiziert Naurodski, Erdöl von Aserbaidschan oder der EU kaufen, was die ohnehin schon unbeliebten belarusischen Exporte weiter marginalisieren wird.
Das Fazit der wirtschaftlichen Diskussion kann man mit den Worten von Lew Lvouski formulieren, der die wirtschaftliche Situation in Belarus als „zweifelsohne schlecht, jedoch deutlich besser als erwartet“ bezeichnete.
Podiumsdiskussion III
Gesellschaft: Belarus verstehen – belarusische Identität (inkl. Präsentation einer neuen Studie)
An der Diskussion nahmen teil: Filip Bikanau (unabhängiger Soziologe), Henadz Korshunau (Senior Analyst am „Zentrum für neue Ideen“), Andrei Kazakevich (Leiter des Instituts für politische Studien „Palitychnaya sfera“), Maryia Rohava (unabhängige Forscherin mit dem Forschungsschwerpunkt Belarus), Natallia Vasilevich (Theologin, Moderatorin der „Christlichen Vision für Belarus“). Moderiert wurde die Diskussion von Zmitser Lukashuk (Redakteur von Euroradio, Moderator der Sendung über die nationale Idee „Idee X“).
Als Einstieg wurde zu Beginn der Diskussion eine neue soziologische Studie vorgestellt: „Belarusische nationale Identität 2022: Erfahrungen einer quantitativen Untersuchung“. Die Studie wurde von Filip Bikanau mit Unterstützung der Friedrich-Ebert-Stiftung erstellt. Deren wichtigste Ergebnisse sind wie folgt:
Ein beachtlicher Teil der belarusischen Gesellschaft befindet sich auf einem Scheideweg der Identitäten. Nationale Projekte sind stark mit dem sozialpolitischen und dem Wertekonflikt in der Gesellschaft verbunden.
Vorstellungen über eine gewünschte Außenpolitik hängen davon ab, zu welchem Identitätsprojekt man sich bekennt. Dennoch ist in Belarus die Idee einer Neutralität am beliebtesten.
In Anbetracht der derzeitigen Ausrichtung des belarusischen Regimes und der außenpolitischen Dynamik wird die Spaltung in der Gesellschaft weiter voranschreiten. Davon, auf welche Weise diese Spaltung überwunden wird, wird die Gestalt des zukünftigen Belarus abhängen.
Natallia Vasilevich berichtete über die Veränderungen, die es seit 2020 in religiösen Gemeinschaften gab, und hob hervor, dass derzeit eine vertikale Spaltung stattfindet und Initiativen an der Basis eine immer größere Rolle spielen, wie auch konkrete Personen und nicht religiöse Institutionen als solche. Sie beobachtet außerdem, dass in den religiösen Gemeinschaften sich horizontale Beziehungen bilden – analog zu den städtischen Protestbewegungen. Allerdings wächst in solchen Einheiten wie beispielsweise Kirchengemeinden gegenseitiges Misstrauen der Mitglieder.
Andrei Kazakevich übte Kritik an der Studie von Bikanau und gab ein paar Einblicke in eine andere, noch nicht veröffentlichte Studie, an deren Durchführung er beteiligt war, und zwar folgende:
Die Abwanderungswelle aus Belarus in die EU begann nicht 2020, sondern in den Jahren 2017–2018. In den letzten fünf Jahren wanderten Menschen vorwiegend aus wirtschaftlichen Gründen aus. Die Fixierung der Medien auf die politische Migration lässt einen falschen Eindruck über die Dimensionen und Ursachen der gesamten Migration entstehen.
Die absolute Mehrheit der Auswandernden sind keine politisch und zivilgesellschaftlich aktiven Bürger und Bürgerinnen, sondern Menschen, die in den Bereichen Logistik, Bau und Verarbeitungsindustrie tätig sind. Zwar wächst die Zahl der Vertreter des IT-Sektors, die beschlossen haben, Belarus zu verlassen, trotzdem bilden sie eine eher kleinere Gruppe.
Andrei Kazakevich bezweifelt außerdem, dass alle Ausgewanderten Gegner des Regimes sind, und ist davon überzeugt, dass man bald die Narrative in der Diaspora-Arbeit überdenken wird, um sie systemisch und auf unterschiedliche Kategorien der Migranten ausgerichtet zu gestalten.
Auf die Frage von Zmitser Lukashuk hin, ob es stimme, dass viele ausgewanderten Belarusen sich in neue Gesellschaften nicht ganz integrieren wollen und eher in den Kreisen derer verweilen, die auch das Land verlassen haben, meinte Kazakevich, dass er diese Meinung teilt. Er findet, dass die Menschen früher eher auf die Anweisungen ihrer Arbeitgeber hin auswanderten, wohingegen sie jetzt mithilfe der belarusischen Communities auswandern. Kazakevich findet, dass dies in gewisser Weise als der Bildungsprozess einer belarusischen Identität betrachtet werden könnte, der nur dank der Hilfsinfrastruktur mit einem breiten Spektrum von Möglichkeiten stattfinden kann: von der Wahl einer belarusischen Bar bis zur Anstellung bei belarusischen Arbeitgebern.
Maryia Rohava berichtete über eine weitere neue Studie, die bald veröffentlicht werden soll – einer Studie über die Traumatisierungen durch die staatliche Gewalt. Sie beobachtet, dass im gesellschaftlichen Diskurs zwischen zwei Kategorien unterschieden wird: zwischen denjenigen, „die weggegangen sind“ und denjenigen, „die geblieben sind“. Henadz Korshunau fügte hinzu, dass eine solche Spaltung potenziell sehr gefährlich werden kann, diese bislang auf der Ebene des gegenseitigen Vertrauens jedoch noch ausbleibt.
Abschlussreden
Die Abschlussrede zur Zukunft der deutsch-belarusischen Beziehungen wurde von Prof. Dr. Rainer Lindner, dem Gründer des Minsk Forums und Beiratsmitglied der deutsch-belarussischen gesellschaft, gehalten. Alina Koushyk, Beauftragte für Nationale Wiedergeburt im Übergangskabinett von Swjatlana Tsichanouskaja, wagte einen Blick in die Zukunft ihres Heimatlandes in Europa.
Die Ergebnisse der Tagung zusammenfassend sowie als Antwort auf die Titelfrage kann man mit Sicherheit behaupten, dass der Einfluss Russlands auf Belarus nach wie vor groß bleibt. Indem Lukaschenka Belarus als Aufmarschgebiet für Russlands militärische Angriffe auf die Ukraine zur Verfügung stellt, zieht er das Land faktisch in den Krieg hinein und macht es zu einem noch größeren Außenseiter auf der politischen Weltbühne, was den bedauerlichen Zustand der belarusischen Wirtschaft nur noch stärker verschärfen wird, die im Moment noch gerade so überleben kann, und dies größtenteils dank Finanzspritzen aus Russland und vergünstigten Energiepreisen.
Sollte die Ukraine diesen Krieg gewinnen, wird die selbsternannte Regierung von Belarus keine Chancen haben, ihr politisches Image zu reparieren, und das Land wird in eine noch tiefere Krise versinken. Schon jetzt haben viele Menschen beschlossen, das Land zu verlassen, wobei als Grund dafür von den Forschenden eine Mischung aus politischen und wirtschaftlichen Motiven genannt wird.
Deutschland setzt die Unterstützung der belarusischen Gesellschaft in seinem Kampf für die Demokratie fort: Die demokratischen Kräfte und zivilgesellschaftlichen Strukturen bekommen finanzielle Unterstützung für ihre Tätigkeit, in Minsk ist nach wie vor die deutsche Botschaft aktiv und stellt humanitäre und Schengen-Visa aus. Die deutschen Botschaften in anderen nichteuropäischen Ländern nehmen ebenfalls Visumsanträge belarusischer Bürger auf humanitäre Visa an.
Mit mehr sollte man allerdings nicht rechnen: Die deutsche Regierung plant keine Verhandlungen mit Lukaschenka über die Freilassung politischer Gefangener, die Einreise mit Arbeitsvisa wird in naher Zukunft ebenfalls nicht einfacher sein, nicht zuletzt aufgrund einer großen Zahl Geflüchteter aus der Ukraine, die ebenfalls bestrebt sind, freie Arbeitsplätze zu bekommen.
Was die Tätigkeit der belarusischen demokratischen Kräfte betrifft, so erwartet die EU, darunter auch Deutschland, im Gegenzug für ihre finanzielle Unterstützung eine klare politische Agenda, in der die Unterstützung der Ukraine in ihrem Kampf gegen das imperiale Russland einen wichtigen Teil einnimmt.
Allerdings können ständige interne Konflikte sowie die Unmöglichkeit, auf den Alltag der Menschen in Belarus einen direkten Einfluss zu nehmen, dazu führen, dass diese Kräfte den Rückhalt in der Bevölkerung weitgehend verlieren und unbedeutend werden, sodass der bereits mühsam zurückgelegte Weg zur Freiheit einmal ganz von vorne begonnen werden muss.