Minsk Forum XXI in Warschau: Belarus und der Krieg in der Ukraine

Minsk Forum XXIAktuelles

Vor welchen Herausforderungen steht die demokratische Opposition angesichts der Verwicklung des Lukashenka-Regimes in den Ukraine-Krieg? – Ergebnisse der beiden Arbeitsgruppen des Workshops

Einer der Workshops der diesjährigen Konferenz des Minsk Forums in Warschau, die am 2. Oktober 2023 stattfand, befasste sich mit dem Thema „Belarus und Russlands Krieg in der Ukraine“. Der Workshop versammelte belarusische Experten und Aktivisten, die sich mit den Fragen rund um die russische Aggression gegen die Ukraine und den Auswirkungen der Krise auf die Lage in Belarus befassten. Die Teilnehmer des Workshops formulierten die folgenden Kernpunkte.

Die Gruppe teilte sich in zwei Gruppen, um die Situation aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten.

Belarus-bezogene Agenda

  • Ein grundlegendes Prinzip, auf das man sich während des Workshops einigte, war, dass jeder öffentliche Diskurs über die Rolle von Belarus im ukrainischen Konflikt eine Belarus-zentrierte Perspektive in den Vordergrund stellen muss. Dies bedeutet, dass in Diskussionen, Narrativen und bei Maßnahmen das Wohlergehen und die Interessen der Belarusen im Vordergrund stehen müssen. Die Workshop-Teilnehmer erkannten zwar die umfassenderen internationalen Verwicklungen an, betonten jedoch, dass der Fokus immer wieder auf die Auswirkungen auf Belarus gerichtet werden sollte.

Hybride Besetzung von Belarus

  • Die Besetzung von Belarus war ein Thema, das heftig diskutiert wurde. Man war sich einig, dass Belarus de facto einer „hybriden“ Besetzung durch Russland unterliegt. Diese Besetzung passt nicht in die gängigen juristischen Definitionen, was eine einzigartige Herausforderung für internationale Diskussionen darstellt. Um dieses Thema im öffentlichen Diskurs wirksam zu behandeln, wurde empfohlen, eine ehrliche und gründliche Untersuchung der Nuancen der Situation vorzunehmen und dabei die tatsächlichen Auswirkungen auf die Belarusen und die Aushöhlung ihrer Souveränität hervorzuheben.

Unterscheidung der Verantwortlichkeit

  • Die Workshop-Teilnehmer betonten die Notwendigkeit, bei der Diskussion über die Rolle von Belarus in der Ukraine-Krise zwischen der belarusischen Gesellschaft, dem belarusischen Staat und dem Lukaschenka-Regime zu unterscheiden. Im öffentlichen Diskurs sollten durchgängig Formulierungen verwendet werden, die zwischen diesen Einheiten unterscheiden, um zu vermeiden, dass alle Belarusen über einen Kamm geschoren werden. Es ist wichtig, dass die Belarusen bei der Bewertung der Rolle von Belarus im gegenwärtigen Krieg ein Gleichgewicht zwischen Selbstkritik und dem Verweis auf die historischen Erfahrungen anderer Nationen mit autoritären Regimen finden.

Gerechtigkeit für Belarus durch die ukrainische Situation

  • Im Workshop wurde erörtert, wie wichtig es ist, sich um Gerechtigkeit für Belarus zu bemühen, indem man sich mit dessen Verbindung zur Ukraine-Krise befasst. Es wurde festgestellt, dass das Regime in Minsk in die Entführung ukrainischer Kinder verwickelt ist, was eine schwere Menschenrechtsverletzung darstellt. Dies könnte der erste Schritt sein, um das belarusische Regime nicht nur für seine Handlungen im Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt, sondern auch für seine Menschenrechtsverletzungen innerhalb von Belarus rechtlich zur Verantwortung zu ziehen.

Der Workshop lieferte wertvolle Erkenntnisse und Empfehlungen für die Gestaltung des öffentlichen Diskurses über Belarus und seine Rolle bei der russischen Aggression gegen die Ukraine. Es herrschte Einigkeit darüber, dass ein Belarus-zentrierter Ansatz unerlässlich ist, der die Komplexität der hybriden Besatzung anerkennt und zwischen der Verantwortung der Gesellschaft und des Regimes unterscheidet. Darüber hinaus wurde das Streben nach Gerechtigkeit für Belarus im Zusammenhang mit der ukrainischen Krise als sehr wichtig erachtet. Es ist zu hoffen, dass durch die Umsetzung dieser Empfehlungen in den internationalen Diskussionen die Nuancen der Situation besser widergespiegelt werden und zu einem sachkundigeren und einfühlsameren Verständnis der einzigartigen Lage von Belarus beigetragen wird.

  1. Belarus ist kein Aggressor-Staat: Das ist die zentrale Botschaft, die die demokratischen Kräfte von Belarus vermitteln sollten.
    Es ist notwendig, dass wir das Land vom Lukaschenka-Regime abgrenzen. Die belarusischen Massenmedien sollten auch öffentliche Manifestationen der Solidarität des belarusischen Volkes mit der Ukraine hervorheben.
  2. Die Sanktionen müssen individuell und gezielt auf hochrangige Beamte des Regimes ausgerichtet sein.
    Bei der Verhängung von Sanktionen muss eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigt werden, um Belarus nicht zu isolieren und das Leben der „einfachen Bürger“ des Landes nicht zu erschweren.
  3. Es muss ein langfristiges Programm zur stabilen Finanzierung von zivilgesellschaftlicher Initiativen im Ausland geben.
    Die Mehrheit der Belarusen, die das Land verlassen haben, ist nicht in der Lage, sich schnell zu integrieren und für sich und ihre Familien einen angemessenen Lebensstandard zu sichern. Solche Strukturen brauchen materielle Unterstützung.
    Gemeinsam mit westlichen Partnern sollten Pläne für eine kontinuierliche Entwicklung belarusischer Fachkräfte und Programme im Bereich der lokalen Selbstverwaltung entwickelt werden. Dies könnten zum Beispiel Praktika für Ärzte, Lehrer und Kulturschaffende sein.

Übersetzung: V. Jansen mit Hilfe von deepl.com